Ein Kreativ-Quartier für Brandenburg an der Havel

Vision für das künftige Packhofquartier

In Brandenburg an der Havel, zwischen den drei Stadtkernen Neustadt, Altstadt und Domstadt liegt ein wunderschöner, von Flussarmen durchzogener Ur-Raum. Dieses außergewöhnliche Areal ist heute kaum zugänglich. Durch neue Fußgängerbrücken könnte die Dreistadt einen zentralen Grünraum für die Öffentlichkeit erhalten. Von ihm aus könnten die drei Stadtsilhouetten sichtbar und untereinander neu verbunden werden. Der geplante Park des Packhofgeländes bekäme so eine hohe Bedeutung als zentraler Ort des Austausches für Stadt und Land.

Das Areal war zur 850-Jahr-Feier der Stadt und der Mark Brandenburg zu einer temporären Parkanlage umgestaltet worden. Während der Bundesgartenschau 2015 lag hier die zentrale Ausstellungsfläche der Stadt. Mit einem neuen Strukturkonzept soll die behutsame, vorausschauende und geordnete Entwicklung dieses wichtigen innerstädtischen Flächenpotenzials in Wasserlage sichergestellt werden. Bereits im November 2020 wurde die Aufgabe für ein städtebauliches Gutachten an drei ausgewählte Gutachterteams übermittelt, um ein neues Konzept für die Entwicklung des Packhofgeländes zu entwerfen. Das Pa®ckhofquartier – so der Arbeitstitel für den Vorschlag des Teams um Architekt Christoph Kohl – soll ein durchmischtes, belebtes Quartier werden für alle Bewohner in Brandenburg an der Havel. Hier sollen die Bewohner sich treffen können, arbeiten, wohnen, Essen gehen, sich treiben lassen und einkaufen gehen.

Die Pläne von Kohl sehen an den Rückseiten der gründerzeitlichen Bebauung der Packhofstraße vier Baufelder vor. Im Inneren bildet sich eine sogenannte Zunft-Gasse mit zwei kleinen Plätzen und ruhigen Wohnorten, die zur mittelalterlichen Innenstadt passen. Entlang der neuen Bebauung soll eine belebte Route entstehen: Erreicht wird dies durch sich nach außen öffnende Erdgeschosse, die für verschiedene Nutzungen dienen, wie Geschäfte, Ateliers, Werkstätten oder Gastronomie.

Für die Architektursprache ist die ehemalige industrielle Nutzung des Geländes und seine Werften Referenz. Die individuellen Häuser bestehen aus archaischen Volumen in einer robusten Backsteinarchitektur. Balkongänge und Dachaufbauten sind ergänzende leichte Konstruktionen in abweichendem Material. Entlang der Gässchen zeigen sich Fassaden mit hohem Holz- und Glasanteil. Die vier Hausgruppen bestehen jeweils aus vier individuellen Gebäuden mit eigenem Treppenhaus auf einem gemeinsamen Sockelgeschoss. Dieses schafft Gelegenheit für tiefe Räume und bietet somit viel Platz für verschiedenste Nutzungen in Ateliers und Werkstätten. Die Gebäudecluster sind als Stützenbauten gedacht, so dass größte verwandlerische Flexibilität in der Zukunft möglich ist. Bei hohen Geschoßdecken und variablen Grundrissen bleiben die Gebäude flexibel in ihrer Nutzung und damit zukunftssicher und nachhaltig. Durch seine Nutzungsvielfalt und Bebauungsdichte trägt das innerstädtische Quartier zur autoarmen Stadt der kurzen Wege bei.

Die Dächer der Häuser bieten einen sehr besonderen halböffentlichen Raum: Über eine großzügige Treppe wird die Quartiersgarage, in der künftig ein Mobilitäts-Hub und E-Bike-Sharing denkbar wären, erschlossen. Hier wird dank der Spiel- und Sportanlagen und vielen Sitzgelegenheiten ein generationenübergreifendes Angebot für Anwohner und Besucher geschaffen. Außerdem bietet sie eine grandiose Aussicht über die Gewässer und die Dreistadt. Die Dächer der Hausgruppen wiederum gehören den jeweiligen Bewohnern, welche dort gärtnern oder einfach nur die Aussicht genießen können. Die künftigen Bewohner und Nutzer sollen die Wahl haben, ob sie ihre Dächer tagsüber für alle öffnen oder sogar Dritten wie einer Imker- oder Urban-Gardening-Initiative überlassen. Darum werden die Dächer über Stege miteinander verbunden sein.

Außerdem umfasst das Konzept einen großzügigen Landschaftspark mit weiten Wiesenflächen und Baumgruppen. Hier können die Bewohner und Besucher picknicken, entspannen und spielen. Ein 400 Meter langer Rundweg bietet Platz für eine neue Laufstrecke und formt das markante Medaillon des Parks. Hier bleiben als Reminiszenz der BUGA ein Teil des Plateaus mit Dachkonstruktion und drei Mauerscheiben als Erinnerung erhalten. Hingucker am nördlichsten Punkt des Parks soll der Brückenschlag werden: Eine raumgreifende begeh- und öffentlich nutzbare Rauminstallation der in Berlin lebenden Künstlerarchitektin Anna Kubelík. Eine Bühne, die Bestandteil der dynamischen Skulptur ist, bietet zusätzlich Raum für Inszenierungen jeder Art. Sie ermöglicht sowohl private spontane, als auch größere geplante Veranstaltungen von jedermann für jedermann unter freiem Himmel. Nun gilt es einen begeisterungsfähigen Investor für diese zündenden Ideen zu finden, die es mit den Bürgern von Brandenburg a.d.H. und ihren Vertretern weiterzuentwickeln und umzusetzen gilt.

Artikel © PotsdamLife Magazin 2021

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