30. Mai 2021
Christoph Kohl im Gespräch mit Peter Petz von german-architects.com
PETER PETZ – In Duisburg soll auf rund 30 Hektaren des Quartiers „Am Alten Güterbahnhof“ ein stadtintegriertes und gemischt genutztes Zukunfts-Stadtquartier entwickelt werden. Welche Bedeutung hat der Wettbewerb für die Stadt Duisburg?
CHRISTOPH KOHL – Das Projekt ist von großer Bedeutung für Duisburg! Die ganze Region hat schon viele Jahre der Transformation hinter sich. Und nun wird Duisburg zum Terminal der eurasischen „Neuen Seidenstraße“ von China quer über den Kontinent. Auch dank des hier entstehenden vollwertigen neuen Stadtteils wird die Stadt im Ranking der europäischen Städte weiter nach oben rücken. Die Chancen, die in der Entwicklung eines neuen, zentral gelegenen Stücks Stadt liegen, sind heute um Dimensionen größer, als noch vor einem Jahr. Vor einiger Zeit wäre die Entwicklung vom Duisburg Areal am Güterbahnhof | DAG womöglich nur ein lokales, allenfalls regionales Ereignis in NRW gewesen. Nach der schmerzhaften gesellschaftlichen Erfahrung der Corona-Pandemie aber ist das Bewusstsein für dringend erforderliche, längst überfällige Änderungen, auch der Stadtentwicklung gestiegen, so dass Duisburg – behaupte ich – sich glücklich schätzen kann, dass nicht ältere Pläne zur Umsetzung kamen. Damit will ich keineswegs meinen, unseren Entwurf als besser zu bezeichnen denn Vorgängerplanungen. Aber die Ausgangslage ist heute eine ungleich bessere, weil Weichenstellungen nötig, gewünscht und möglich sind, die noch vor einem Jahr vermutlich nicht durchsetzbar gewesen wären.
Welche Vorstellung von Stadt, Arbeiten und Wohnen liegt Ihrem Entwurf zugrunde?
Unsere Städte müssen nach Innen wachsen. Die jahrzehntelange Tendenz zur Suburbanität, des Urban Sprawl, der Junkie-Abhängigkeit des suburbanen Menschen vom motorisierten Individualverkehr, ist in überproportionalem Maße mitverantwortlich für Klimakrise und Ressourcenmissbrauch. Nur Fußgänger-, Fahrrad- und ÖPNV-orientierte, zentral gelegene und dicht bebaute gemischte Städte ermöglichen einen günstigen, gesunden, nachhaltigen Lebensstil. Das rasante Wachstum von Suburbia, das schon durch die Klimakrise und aktuell noch durch das pandemische Jahr angeheizt wurde, hat eine Stadtflucht befeuert, und wird gerade dadurch den Klimawandel noch verstärken. Die aktuelle „Flucht auf’s Land“, vermehrt in luxuriösen e-SUV’s, ist ein Fehlreflex. „Stadt“ fängt da an, wo die Dominanz des Autos aufhört. Aber: Die dringend notwendige Versorgung aller Einkommensgruppen mit einer passenden Wohnung in zentraler Lage, das Schaffen von bezahlbarem Wohnraum, gelingt nur durch Vergrößerung des Angebots, bis die Nachfrage gesättigt ist. Einhergehend mit der Start-Up-Kultur ist eine Gründerzeit 2.0 notwendig, um Stadtwohnungen für Millionen Menschen zu schaffen. Der Vergleich zur Gründerzeit zielt auch auf die sozial durchmischte Stadt, in der man sich weitgehend mit Muskelkraft und Nahverkehrsmitteln bewegte.
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