13. September 2023
1993 wurde in Potsdam der Startschuss für die Entwicklung des Kirchsteigfelds gegeben, ein städtebauliches Neubauquartier, das für die weitere Entwicklung von Potsdam prägend geworden ist. Das gilt nicht nur für die turbulente Phase nach der Wende in den 90er Jahren, wo ein großer Neubaubedarf bestand und wo neue Grundlagen für die gesamte Entwicklung der Stadt gelegt wurden. Das gilt auch noch heute, wo Potsdam weiterhin eine stark wachsende Stadt ist, die zahlreiche Planungen für Neubau, Erweiterung und Bestandsentwicklung von Wohnquartieren vorantreibt. Der 30. Jahrestag des Kirchsteigfelds ist ein guter Anlass, sich wieder mit ihm zu beschäftigen, die Ergebnisse zu analysieren und zu reflektieren, um daraus für die anstehenden Bauaufgaben die richtigen Schlüsse zu ziehen.
Das Kirchsteigfeld liegt im Potsdamer Südosten und wurde in den Jahren 1993 bis 1998 als erstes großes Neubauquartier Potsdams nach der Wende mit ca. 2.800 Wohnungen fertiggestellt. Für seine gut 5.000 Einwohner, deren Alter unter dem Potsdamer Durchschnitt liegt, stehen eine Grundschule und drei Kindertagesstätten, Grünanlagen entlang des Hirtengrabens und zahlreiche Stadtplätze zur Verfügung.
Nach einem Planungswettbewerb 1991 erhielt das Konzept der Architekten Rob Krier (Wien/Berlin) und Christoph Kohl (Bozen/Berlin) den Zuschlag von dem Berliner Wohnungsbauinvestor Groth und Graalfs, der das bis dahin ca. 60 ha große, unbebaut gebliebene Gelände.
Das städtebauliche Gesamtkonzept von Krier + Kohl für dieses Quartier folgte den Prinzipien der traditionellen europäischen Stadt mit einer Blockrandbebauung entlang eines um zwei Hauptachsen neu konzipierten Straßennetzes. Die Blockrandbebauungen in geschlossener, teiloffener und offener Bauweise mit Platzbildungen wurden von 25 Architekten aus mehreren Ländern in einer Art entworfen, die sich von der Moderne sowie von der autogerechten Stadt abgrenzt. Besonderer Wert wurde auf eine differenzierte Platz- und Straßenraumgestaltung sowie auf die Umsetzung eines übergreifenden Farbkonzepts gelegt.
Das Kirchsteigfeld verfügt über eine leistungsfähige Tramverbindung, die es über die Heinrich-Mann Allee mit der Innenstadt verbindet. Es existiert ein Stadtteilladen, der durch eine Bewohnerinitiative zustande kam und mit finanziellen Mitteln der Stadtverwaltung sowie mit Unterstützung der Kirchengemeinde betrieben wird.
Heutige Situation
Die ursprüngliche Gesamtplanung wurde nicht vollständig umgesetzt, denn das Gewerbegebiet im Osten des Quartiers wurde nicht realisiert. Daher kam die ursprünglich intendierte Nutzungsmischung von Wohnen und Gewerbe nur in Ansätzen zustande, zudem wurde die Wohnungsbautypologie zugunsten von eigentumsfähigen Reihenhäusern abgeändert.
Ein Großteil der ursprünglich im geförderten Wohnungsbau errichteten Wohnungen des Kirchsteigfelds wurde zwischenzeitlich an die Vonovia SE verkauft. Gewerbeeinheiten stehen immer wieder leer und der zeitweise geschlossene Supermarkt konnte erst wieder geöffnet werden, nachdem der angrenzende zentrale Stadtplatz vor der ebenfalls neu errichteten Versöhnungskirche großenteils zum Autoparken umgewidmet wurde. Für die brachliegende Gewerbefläche im Osten gab es Investorenprojekte, die bis jetzt jedoch nicht realisiert wurden. In jüngerer Zeit zeichnet sich eine positive Entwicklung für die bisher ungenutzte Gewerbefläche mit einer an die Struktur des Kirchsteigfelds angepassten Nutzungsmischung aus Wohnen und Gewerbe ab, die zugleich für Schallschutz vor der Autobahn sorgen könnte.
Das Stadt Forum Potsdam zieht in seiner 76. Sitzung am 14. September 2023 eine Zwischenbilanz.
Das STADT FORUM POTSDAM ist eine unabhängige, auf zivilgesellschaftlicher Initiative basierende Institution, die sich in regelmäßigen öffentlichen Veranstaltungen mit den relevanten Themen der Potsdamer Stadtentwicklung befasst – querschnittsorientiert und kompetent, mit Beteiligung der verantwortlichen Politiker aus Stadt und Land, aber auch unter Einbeziehung von kritischem, nicht gebundenem Sachverstand.
Mit den engagierten Diskussionen der Fachleute, in denen Fachkunde, bürgerschaftliches und politisches Engagement aufeinandertreffen, soll ein wichtiger Beitrag zur Öffnung und Transparenz, zur Vorbereitung und Vermittlung von mitunter komplexen politischen Entscheidungen in Potsdam geleistet werden.
Für diese seit 1998 regelmäßig stattfindenden Veranstaltungen wird das STADT FORUM POTSDAM von der Stadt Potsdam finanziell unterstützt, seine Arbeit wird in jährlich erscheinenden Dokumentationen festgehalten.
Die Kerngruppe arbeitet ehrenamtlich und setzt sich aus den folgenden Bürgerinnen und Bürgern der Stadt Potsdam zusammen: Dipl. Phil. Saskia Hüneke, Dipl. Ing Hajo Kölling, Dipl. Ing. Dieter Lehmann, Eugen Meckel, Achim Trautvetter, Dipl. Bibl. Katrin Schneider, Prof. Dipl. Ing. Bernd Steigerwald, Prof. Dr. Hermann Voesgen, Anne Ilaria Weiß.