Licht – Luft – Raum | Vortrag für Architekturstiftung Südtirol

Um die letzte Jahrhundertwende gab es einen Schrei nach Veränderung in Stadtplanung und Architektur. Der Ruf nach „Licht – Luft – Sonne“ gilt noch heute als Slogan. Die Lebensbedingungen wurden damals auf dem Land und in der Stadt im Zuge der fortschreitenden Industrialisierung unerträglich. Ein Jahrhundert später ist es aktueller denn je, diesen Aufruf wieder aufzugreifen und mit einer Neufassung dieses Konzepts ein Fenster zu einer nachhaltigen Zukunft zu öffnen.

Moderator:   Arch. Roland Baldi, Vizepräsident der Architekturstiftung Südtirol
Einführung: Ulrich Kohl Fa. ALPI Fenster
Referent:       V.-Prof. dott. arch. Christoph Kohl | CKSA Berlin

 

Die Stadt, ihre Dichte, der Dreck und Smog in ihre wurde zur Bedrohung. Die Veränderungen begannen im frühen 20. Jahrhundert, ganz naiv, mit der Gartenstadtbewegung. Das Neue Bauen – das wiederum zum Bauhaus führte – und De Stijl gaben dem neuen Lebensgedanken bauliche Gestalt, was sich dann als internationaler Stil weltweit durchzusetzen wusste. Dieses Denken fokussierte sich 1933 in der Charta von Athen; ein Dokument, das bis heute den meisten Stadtplanungssystemen weltweit zugrunde liegt. Die Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs führten dazu, dass dieser Planungsansatz, der die Entmischung, die Segregation propagiert, beim Wiederaufbau vieler europäischer Städte weitgehend umgesetzt wurde und für die neuen Agglomerationen zum Standard wurde.

Der Ruf nach „Licht – Luft – Sonne“ in den frühen 1900er Jahren war eine Reaktion auf die beengten und oft schlichtweg unhygienischen Wohnverhältnisse des Industriezeitalters. Die Städte waren dicht, die Wohnungen klein, es gab eine schlechte oder gar keine Kanalisation, es gab kaum öffentliche Grünflächen und die Luft war stark verschmutzt.
Aktuell erlebten wir alle einen neuen Grund, nach Licht, Luft und Raum zu rufen. Ein Virus hat begonnen, die Art und Weise unseres Zusammenlebens in der Stadt der Moderne in Frage zu stellen. Wie wir wohnen, wie und wo wir arbeiten, wie wir einkaufen, was wir in unserer Freizeit tun, wie wir uns im Alltag bewegen – das meiste, wozu uns die segregierte Stadt in der globalisierten Welt zwingt, wird durch Corona in Frage gestellt. Ein Jahrhundert später ist es aktueller denn je, den Aufruf von vor ziemlich genau 100 Jahren wieder aufzugreifen und eine Neufassung dieses Konzepts vorzunehmen.

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