„Alte Schäferei-Pankow“ | Bezirk treibt Quartiersplanung voran

Im TAGESSPIEGEL berichtete Reinhart Bünger

Streit um ambitioniertes Wohnbauprojekt: Auf dieser Wiese soll der klimaneutrale Kiez der Zukunft entstehen – doch nicht alle sind begeistert von den Plänen

Die „Alte Schäferei –Schönerlinder Straße“ ist als autoarmes Quartier der Zukunft in Modulbauweise geplant. Es ist nicht nur klimaneutral und auf Selbstversorgung angelegt, sondern soll auch noch benachbarte Gebiete mit Strom versorgen. Diese Quartiersentwicklung – mit rund 2000 Einheiten – ist aber bisher einzigartig in der Hauptstadtregion.

Das geht aus dem Masterplan der Entwickler hervor, der dem Tagesspiegel exklusiv vorliegt und bisher allein dem Stadtentwicklungsausschuss der Bezirksverordnetenversammlung Pankow (BVV Pankow) zur Kenntnis gegeben wurde. Der Ausschuss beschäftigte sich in seiner Sitzung am 24. April mit dem 60-seitigen Grundsatzpapier.

Die CDU Pankow kritisierte Teile der Planungen wegen der Errichtung von sechsgeschossigen Gebäuden. Vor einer Bebauung müsse außerdem der öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) an das Quartier herangeführt werden, schrieb die CDU-Fraktion Pankow in einer Stellungnahme.

Die Fläche „Alte Schäferei“ liegt nördlich des Ortskerns Alt Französisch-Buchholz. Sie soll in einem Joint-Venture aus städtischer Gewobag und Treucon Real Estate GmbH als abwechslungsreiche Komposition entwickelt werden. Die geplante Wohnbebauung in vier Quartieren ist in die Strukturen öffentlicher, halb-öffentlicher und privater Räume mit Innenhöfen gegliedert.

Der im Februar 2024 als Grundlage für den Aufstellungsbeschluss des Bebauungsplans 3-99 „Alte Schäferei-Schönerlinder Straße“ abgestimmte Masterplan, stammt aus der Feder des Büros CKSA – Christoph Kohl Stadtplaner Architekten GmbH. Er baut auf dem Ende Februar verabschiedeten Rahmenplan für die weitere städtebauliche Entwicklung der Flächen westlich der Schönerlinder Straße, nordöstlich der Hans-Schumacher-Straße und südlich der Autobahn A 114, auf.

Das Quartier soll über die neu zu errichtenden S-Bahnhöfe Schönerlinder Straße sowie Bucher Straße angebunden werden. Auch eine Straßenbahn-Linie soll das neue Wohnviertel anfahren. Die Tramlinie 50 soll über Französisch Buchholz hinaus verlängert werden. Die Pankower Großprojekte „Blankenburger Süden“ und „Karow Süd“ liegen nur wenige Kilometer Luftlinie von der „Alten Schäferei“ entfernt.

Die CDU-Fraktion kritisierte die Planungen für die Tram: Sie hätten einen Dauerstau auf der Schönerlinder Straße zur Folge. Nach dem aktuellen Planungsstand könne frühestens 2035 mit der Fertigstellung des ÖPNV-Ausbaus gerechnet werden.

„Die geplanten Quartiersbuslinien, die auf kurzer Strecke lediglich zwischen den beiden S-Bahnhöfen rotieren sollen, wären vollkommen ineffizient“, sagte der CDU-Abgeordnete Johannes Kraft am Freitag. „Deutlich geeigneter wäre hier stattdessen die schon lange von uns geforderte Buslinienverbindung zwischen Buch, Karow und Buchholz.“

An den Planungen beteiligt sind auch die Landschaftsplaner Fugmann Janotta, die Ingenieurgesellschaft Hoffmann-Leichter, die Stadtplaner von der UmbauStadt PartGmbB Urbane Konzepte sowie das Vermessungsbüro Zech/Ruth/Blasius, die Gebäudeausrüster Kraftland GmbH, die Bicicli Holding GmbH und Mond-Mobility New Designs als Mobilitätsexperten sowie die Voigt Ingenieure GmbH (Berlin).

Der geplante Geltungsbereich des Bebauungsplans 3-99 „Alte Schäferei – Schönerlinder Straße“ umfasst eine Größe von 45,3 Hektar. Der dem Tagesspiegel vorliegende Masterplan beschreibt die Entwicklung einer bisher landwirtschaftlich genutzten, 28,6 Hektar großen Fläche.

Die Kernfläche des Rahmenplans wurde von 1958 bis in die 1990er Jahre für Schaf-, Rinder- und Schweinestallhaltung genutzt.

Das Wärme- und Energiekonzept für das neue Quartier sieht nun den Aufbau eines 6.000 Meter langen, kalten Nahwärmenetzes vor, das die Häuser mit einer Wärmepumpe als Hausübergabestation verbindet. Ein Drittel der benötigten Wärme soll aus vorhandenen Abwasserleitungen gewonnen und über das Nahwärmenetz bereitgestellt werden. Ein weiteres Drittel der benötigten Wärme soll durch bodennahe Geothermie erzeugt werden, während das restliche Drittel mithilfe von thermischen Photovoltaikmodulen auf den Gründächern gewonnen werden soll.

Summa Summarum solle das Quartier in die Lage versetzt werden, die 2,5-fache Heizlast herzustellen.

Der städtebauliche Entwurf von CKSA Stadtplaner Architekten setzt auf die vielfache Wiederholung weniger Bautypen. Alle Baublöcke mit Wohnbebauung bestehen aus sechs Haustypen. Neben der konventionellen Bauweise sind laut Masterplan sowohl Betonfertigteile als auch Holzelemente in serieller Bauweise möglich.

Die Mitglieder des Stadtentwicklungsausschusses der BVV Pankow waren in ihrer April-Sitzung zunächst beeindruckt von der Planungstiefe des Masterplans.

Großgeschrieben werden soll in jedem Falle die nachhaltige Mobilität; das Entwicklungsgebiet besteht aus vier autoarmen Quartieren (Mitte, Süd, West und Nord). Pro Quartier gibt es für den ruhenden Verkehr eine Hochgarage als Mobilitätsdrehscheibe. Auf Tiefgaragen wird aus ökonomischen Gründen verzichtet.

Die vorherrschende Wohnbebauung soll eine Fünf-Geschossigkeit sein. Die Traufhöhen liegen bis auch einige wenige höhere Gebäude meist bei 19 Metern. Die CDU-Fraktion Pankow kritisierte, dass an der östlichen Seite des Gebietes Gebäuden von bis zu 40 Metern Höhe geplant sind.

Und auch im Südwesten des Geländes sei die Errichtung von etwa sechsgeschossigen Gebäuden geplant, die somit die unmittelbar angrenzende Bestandsbebauung aus Einfamilienhäusern deutlich überragen würden. „Das Bezirksamt übergeht damit eindeutig die bestehende Beschlusslage der Pankower Bezirkspolitik, die wir als CDU-Fraktion Pankow gemeinsam mit vielen engagierten Buchholzern erwirken konnten“, schrieb Daniel Hauer, Sprecher für Stadtentwicklung der CDU-Fraktion Pankow.

„Fast alle vorhandenen Bäume werden in die städtebauliche Figur eingebaut“, sagte Stadtplaner und Architekt Christoph Kohl bei der Vorstellung des Masterplans am 24. April im Ausschuss. Es gab einige Wortmeldungen zur Frage, ob es sinnvoll sei, parallel zur S-Bahn eine Tramlinie zu bauen und warum denn nur keine Weiterführung des öffentlichen Personennahverkehrs zur Elisabeth-Aue vorgesehen sei und wer letztlich den ins Spiel gebrachten „Kiezbus“ betreiben sollen.

Doch diese Fragen können noch in Ruhe geklärt werden: Der Masterplan ist ein Ausgangspunkt für die erste Planungsetappe – von der Festsetzung eines Bebauungsplans ist man noch weit entfernt.