Dreieck Späthsfelde Alle Projekte

  • Ort

    Berlin Treptow-Köpenick

  • Leistungen

    Leitbild und Strukturkonzept

  • Programm

    4.000 WE, 175.000 m² Gewerbe, 19.000 m² Soziale Infrastruktur und Sonderbauten, 14.000 m² Einzelhandel und Gastronomie auf insgesamt 100 ha

  • Auftraggeber

    Senatsverwaltung für Stadtentwicklung Bauen und Wohnen Berlin

  • Co-Autoren

    Fugmann Janotta Partner, Hoffmann Leichter Ingenieur-Gesellschaft, Katharina Cordsen Illustration

  • Team

    Victor Joosten, Dominique Krämer, Nicolas von Dühren, Sila Kantürk

  • Zeitraum

    2025

Späthsfelder Kiez

Bei der Abschlusssitzung des Gutachtergremiums am 28. Oktober 2025 ist die Entscheidung gefallen, dass CKSA das Quartier in Späthsfelde planerisch weiterentwickeln und einen Rahmenplan ausarbeiten wird.

Aufgabe

Die Fläche „Dreieck Späthsfelde“ weckt vielfältige Entwicklungswünsche für Wohnen, Gewerbe und Erschließung bei gleichzeitiger Stärkung von Natur, Baumschule und Kleingärten. Gerade die Vielfalt der Nutzungen macht das Gebiet attraktiv. Um den einzelnen Ansprüchen wirklich gerecht zu werden, braucht es jedoch klare Entwurfsentscheidungen. Besondere Priorität hat für uns das Thema Wohnen – nachhaltig und in grüner Umgebung.

Allein aus dem hohen Bedarf an Wohnungen in Berlin ergibt sich die Verpflichtung, eine möglichst große Zahl an Wohneinheiten anzustreben. Aufgrund der relativen Nähe zur Innenstadt ist das Gebiet für den Bau vieler Wohnungen mit geringem Energie- und Ressourcenverbrauch besonders geeignet. Ungeachtet aller berechtigten Bedenken in Bezug auf Freiraum und Biodiversität vor Ort – wie sie beispielsweise vom BUND geäußert werden – wäre die Alternative zu einem solchen Neubaugebiet am Innenstadtrand in der Praxis eine MIV-basierte Zersiedelung.

Da das Wohngebiet relativ isoliert liegt, muss es eigenständig die Nachfrage nach einem funktionierenden ÖPNV sowie nach Geschäften und sozialer Infrastruktur erzeugen. Je mehr Wohnungen entstehen, desto größer und vielfältiger wird das Angebot und desto attraktiver das Quartier. Zudem lassen sich die Erschließungskosten auf eine größere Zahl von Einheiten verteilen. Ein attraktives ÖPNV-Angebot ist die Voraussetzung dafür, den Anteil des motorisierten Individualverkehrs zu reduzieren. Die Mindestanzahl für eine zukünftige schienengebundene Lösung beträgt 4.000 Wohneinheiten. Diese Zahl bildet daher den Ausgangspunkt unseres Entwurfs.

Leitbild: Kompakter Kiez im Grünen

Wir bringen 3.600 Wohnungen in einem kompakten Quartier mit einem Radius von etwa 300 Metern unter. Die Siedlung 10 bietet Potential für weitere 1.000 Wohneinheiten. So kann das gesamte Gebiet effizient über eine zentral gelegene Haltestelle erschlossen werden – eine wichtige Voraussetzung für nachhaltige Mobilitätsangebote. Die hohe Dichte führt lokal zwar zu einer stärkeren Versiegelung, im Gesamtgebiet jedoch zu optimierter Flächeneffizienz und minimierter Neuversiegelung.

Zusätzlich zu den Wohnungen entstehen zahlreiche weitere Nutzungen, die zusammen ein durchmischtes, lebendiges Viertel der kurzen Wege bilden. Vorbilder sind die beliebten Berliner Kieze. Entsprechend sollen die Baublöcke aus verschiedenen Häusern zusammengesetzt sein, um einen kleinteiligen, menschlichen Maßstab zu schaffen. Rund um die zentrale Haltestelle werden zudem Nutzungen wie Einzelhandel angesiedelt – beste Voraussetzungen für einen lebendigen Platz im Herzen des Quartiers, den wir mit einem Augenzwinkern den „Späthi“ nennen.

Außer der Wohnqualität, die ein lebendiges, dichtes Quartier schaffen kann, ist ein weiterer Vorteil der kompakten Bebauung, dass die Umgebung weitgehend grün bleibt. Die Bewohnenden des neuen Kiezes können in wenigen Minuten zu Fuß in die grüne Umgebung gelangen. Eine autofreie, grüne Achse mitten durch den Kiez macht das noch leichter. An beiden Enden des Grünzugs befinden sich öffentliche Parks. Der „Späthi-Loop“, ein Spazierweg im Grünen, der den Kiez komplett umrundet, lädt zusätzlich zum Spazieren und Flanieren ein. Neben der Naherholung bleibt viel Raum für Natur und für die Baumschule. Auch die bestehenden Kleingärten können größtenteils erhalten bleiben.

Unser Leitbild fügt sich gut in die bestehende Umgebung ein. Kompakte Kieze im Grünen sind hier mehrfach vorhanden, etwa Oberschöneweide an der Wuhlheide oder Johannisthal an der Königsheide. Im Laufe der Zeit kann die Siedlung 10, unter Regie und zum Vorteil der einzelnen Eigentümer, nachverdichtet werden und den Kiez ergänzen.

Die Baumschule ist und bleibt identitätsstiftend für das Gebiet. Diesen Charakter kann sie nur bewahren, wenn sie weiterhin als Betrieb mit den dazugehörigen Emissionen funktioniert und landschaftlich eingebettet bleibt. Auf den Flächen um die Kernzone der Baumschule ist daher kein Platz für Bebauung ohne Bezug zur Baumschule. Ein neuer Park und Kleingärten fügen sich in die bestehende Struktur der Baumflächen ein. Eine Baumuniversität stärkt die Rolle der Baumschule zusätzlich. Sowohl die Kleingärten als auch die Baumschule haben eine gemeinsame Charakteristik: Trotz möglicher öffentlicher Zugänglichkeit am Tag besteht die Notwendigkeit, die Anlagen nachts abzuschließen.

In dieser zentralen Lage muss sparsam mit Flächen umgegangen werden. Wir setzen daher auf höherwertiges Gewerbe in gestapelter Form. Im Mittelpunkt steht eine große Halle, in der Unternehmen Veranstaltungsräume, Gastronomie und Ausstellungsflächen gemeinsam nutzen können. Diese zentrale Halle und der „Späthi“ im Kiez werden über eine Quartierspromenade verbunden. Entlang dieser Promenade liegen kleinere Werkhallen für hochwertiges produzierendes Gewerbe, das sich der Öffentlichkeit präsentieren möchte. So entsteht eine inspirierende Arbeitsumgebung im direkten Austausch mit dem Wohnen. Der Gewerbekiez ist ausdrücklich nicht als reines Bürogebiet gedacht. Der Nordwesten des Gebiets, angrenzend an die Autobahn und bestehende Geruchsimmissionen, eignet sich ja auch für emissionsintensives produzierendes Gewerbe. Dieses Gewerbegebiet ist gut und unabhängig vom Wohngebiet für Schwerlast-verkehr erschlossen. Innovatives, nicht störendes Gewerbe, das sich gut in ein gemischt genutztes Stadtquartier integriert, bildet den Übergang zum Wohnen und dient zugleich als Lärmschutz. Zusätzliche Gewerbeflächen sind in den Erdgeschossen des Kiezes vorgesehen.

Der Entwurf bietet viele Anreize, auf das private Auto zu verzichten. Autos werden am Rand des Kiezes abgefangen und in Quartiersgaragen untergebracht, sodass die Straßen frei von parkenden Autos bleiben. Die Abwesenheit von Durchgangs- und Parkverkehr sorgt dafür, dass kaum Autos durch das Viertel fahren, und so sichere Straßen mit hoher Aufenthaltsqualität entstehen. Für die Mehrheit der Bewohner*innen ist die zentrale Haltestelle genauso weit entfernt wie die Quartiersgarage, was die Entscheidung für den ÖPNV begünstigt. Fahrräder sind direkt im Haus untergebracht und ergänzen das Mobilitätsangebot.

Als Teil der übergeordneten Süd-Ost-Verbindung soll eine neue Straße durch das Gebiet geführt werden, die die Späthstraße entlastet. Noch ist unklar, wie diese Straße ausgestaltet wird. Es soll jedoch eine breite Trasse freigehalten werden; ausgeschlossen ist nicht, dass sie ähnlich wie die Minna-Todenhagen-Straße vierspurig und kreuzungsarm ausgebaut wird. Eine solche Straße ließe sich kaum mit urbaner Qualität verbinden. Deshalb trennen wir in unserem Entwurf die ÖPNV-Trasse von der Verkehrslösung Späthsfelde. Busse und später auch Trams fahren in einem schmaleren Straßenprofil mitten durch den Kiez, während der Autoverkehr das Wohngebiet nördlich umgeht. Auf dem Weg zur Haltestelle müssen so keine großen Straßen gequert werden, und der Platz bietet auch beim Warten eine hohe Aufenthaltsqualität. Lärmrobuster Städtebau mit einem niedrigen Wohnanteil integriert die womöglich vierspurige Straße in die Umgebung.

Die meisten Teile der Berliner Innenstadt liegen mehr als sieben Kilometer entfernt und sind damit für eine reine Radanbindung unattraktiv. Eine Kombination aus Fahrrad und S- oder U-Bahn ist jedoch für viele Wege unschlagbar schnell. Deshalb ist es wichtig, die Radwege zu den nur zwei Kilometer entfernten Bahnhöfen Blaschkoallee und Baumschulenweg auszubauen und an den Bahnhöfen für genügend sichere und komfortable Abstellmöglichkeiten für Fahrräder zu sorgen. In nur gut zwei Kilometern Luftlinie Entfernung liegt auch das lebendige Nord-Neukölln, das viele Menschen, die in den letzten Jahren in die Innenstadtrandbezirke gezogen sind, zu schätzen wissen. Eine neue Fahrradbrücke neben der Autobahnbrücke über den Kanal sowie ein Radweg entlang des Delfter Ufers könnten diese Luftlinie in eine direkte, attraktive Route verwandeln und so die Barrierewirkung von Kanälen und Autobahn deutlich verringern.

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